Die Landwirtschaft nach dem 2. Weltkrieg in Oberdorla 1946
In Oberdorla gab es 1946 115 Pferde, 529 Rinder, 696 Schafe,
697 Schweine, 35 Bienenstöcke, 3483 St. Geflügel, 1395 St. sonstiges Kleinvieh und in den Ställen des Dorfes meckerten 1117 Ziegen.
Das Abgabesoll eines landwirtschaftlichen Betriebes von 9,12ha
Anbaufläche abgeliefert 1945 1946
Roggen 0,50ha 5,0dt Getreide zusammen: 61,9dt
Weizen 1,45ha 14,5dt
Gerste 0,97ha 9,7dt
Hafer 1,25ha 12,8dt
Raps 0,13ha 1,43dt
Mohn 0,07ha 0,77dt 0,32dt
Kartoffeln 1ha 62,00dt 93,6dt (1,2ha)
Stroh (Rest der Flächen sind Heu Wiesen-
u. Futterflächen) 5,5dt 4,4dt
Tierische Produkte:
5 Stück Rindvieh
davon 3 Milchkühe 1650kg Milch 3000kg Milch
150kg Fleisch 390kg Fleisch
6 Schweine 600kg Fleisch 300kg Fleisch
12 Schafe 92kg Fleisch 45kg Fleisch
14 Hühner 280 Stück Eier 560 Stück Eier
Das Abgabesoll bei manchen Produkten mag manchen jetzt niedrig erscheinen. Dabei sollte jedoch beachtet werden, dass es fast keinen Mineraldünger gab.
1945 lieferten die Bauern aus Oberdorla 383.707kg Milch, 1946 lieferten die Bauern aus Oberdorla 297.309kg Milch in der Molkerei Oberdorla ab. Diese Zahlen sprechen für sich, die Volksernährung war ernsthaft gefährdet. Die Milch wurde teilweise in den bäuerlichen Betrieben zu Sahne und auch zu Butter verarbeitet. Dafür gab es im Tausch alles Mögliche; aber auch manches Nötige. So z. Bsp. Bindegarn für die Mähbinder, Gewürze und Blasen zur Hausschlachtung, Glühbirnen, Sägeblätter, Nägel, die Liste könnte beliebig fortgesetzt werden
Wer seiner Ablieferungspflicht an landwirtschaftlichen Produkten nicht voll nachgekommen war, erhielt keinen Schlachtschein. Manches Schwein, manche Ziege oder Schaf wurden ohne Erlaubnis geschlachtet. Schwarzschlachten hieß dieses Geschäft, wenn es herauskam, wurden harte Strafen ausgesprochen.
Die Bauern waren jetzt an der Steigerung der Produktion interessiert. Bereits 1945 wurde ein neues System der Ablieferung eingeführt. Die Pflichtablieferung wurde herabgesetzt und gleichzeitig nach der wirtschaftlichen Kraft der Klein-, Mittel- und Großbauernwirtschaft differenziert. Alle landwirtschaftlichen Produkte, die über das Ablieferungssoll hinaus erzeugt wurden, konnten frei, zu erhöhten Preisen verkauft werden.
Einige Produktenpreise auf das Ablieferungssoll:
Weizen 10,15 Mark je 50kg
Roggen 10,15 " "
Gerste 11,85 " "
Hafer 9,70 " "
Kartoffeln 3,00 " "
Kartoffeln 4,50 " " als Speisekartoffeln bei Lieferung in die Kreisstadt
Ochsen Klasse A 57 Mark je 50kg
" B 50 " "
" C 46 " "
" D 35 " "
Schweine 69 " "
Jeder landwirtschaftliche Betrieb war also unbedingt auf eine Produktion über sein Soll hinaus angewiesen, nur so konnte der Betriebsleiter Geld machen. Mancher Landwirt hat durch die Produktion der sogenannten "Freien Spitzen" ein kleines Vermögen erworben, wenn die Betriebsgröße entsprechend war. Somit ging das Streben der meisten Landwirte dahin, unter die nächste Ablieferungsgrenze zu kommen. Unter 10ha, oder unter 5ha. Betriebe unter 1ha waren ablieferungsfrei. So wurde manche Landumschreibung vorgenommen, der ehemalige Besitzer bewirtschaftete die Fläche trotzdem weiter; "Schwarze Flächen" nannte man diesen Trick. Nicht wenige schimpften damals über die hohen Einkünfte der Landwirte. Doch nur die Tüchtigsten konnten hohe Einkünfte aus den freien Spitzen erwerben. Weiterhin sollte man überlegen, dass die Arbeitszeit der Bauern oft eine Doppelschicht war, besonders in den Saisonzeiten. Und endlich war es das System der freien Spitzen, durch das der Schwarzhandel schnell abgebaut wurde und die Bevölkerung mehr Nahrungsmittel bekam.
Juni: Kartoffelkäfer wurden gefunden.
Ein schon lange erwarteter Schädling tritt nun in unseren Fluren auf, der Kartoffelkäfer. Schon 50 Jahre vor diesem Zeitpunkt hatte ein Erdmann, ein Rückkehrer aus Amerika, diesen Coloradokäfer mitgebracht. Er hatte die Mitbringsel in Spiritus eingelegt. Damals ahnte noch niemand die große Gefahr.
Im 2. Weltkrieg wurden die Käfer über Deutschland abgeworfen, sie hätten aber unsere Gegend ohne diese Maßnahme der Amerikaner nicht viel später erreicht. Abends musste sich aus jeder Familie eine Person an einem Stellplatz melden, danach ging es zur gemeinsamen Käfersuche. Eine Konservenbüchse voll musste vorgezeigt werden, danach konnte man nach Hause gehen. Erst Jahre später gab es das Erste wirksame Insektizid Gesalbt (DDT)
"Erwirb dir das Recht zum Essen von Kartoffeln, sammle Kartoffelkäfer" stand auf Plakaten.
Noch ein Kartoffelkäferspruch:
Tausend Junge hat im Jahr
ein Kartoffelkäfer Paar.
Willst Du auf Kartoffeln
nicht verzichten, musst
den Schädling Du vernichten.
So stand es in der Zeitschrift "Der Pflanzenschutz"
Nicht nur Käfer machten den Bauern zu schaffen:
Bauern, Handwerker, aufgepasst!
In letzter Zeit häufen sich in allen Teilen Thüringens Diebstähle von Treibriemen. Es wird der deutschen Wirtschaft hierdurch großer Schaden zugefügt, denn Ledertreibriemen sind heute fast unersetzlich. Die Schuhmacher werden daher aufgefordert, verdächtige Sohlenlieferanten der Polizei zu melden. Den Bauern und Handwerkern sei geraten, nach Arbeitsschluss die Treibriemen von den Maschinen zu entfernen und sie sicher aufzubewahren.
01.Dez. Viehbestand in Oberdorla:
116 Pferde, 472 Rinder, 663 Schafe, 546 Schweine, 886 Ziegen, 61 Bienenstöcke, 2716 Stück Geflügel, 1044 übriges Kleinvieh
Aufzeichnung von Paul Karmrodt